Der Fall sorgte für Schlagzeilen: ein Mann lebte nach 29 Ehejahren seit neun Jahren von seiner Frau getrennt. Kurz bevor er den Scheidungsantrag stellte, gewann er zusammen mit seiner neuen Freundin eine knappe Million im Lotto. Die Noch-Ehefrau forderte daraufhin die Hälfte seines Anteils als Zugewinnausgleich ein. Der Bundesgerichtshof gab ihr Recht und verdonnerte den Pechvogel zur Zahlung einer Viertelmillion Euro.

Das Urteil wird nachvollziehbar, wenn man die Spielregeln beim Zugewinnausgleich kennt

Auf den ersten Blick mag es absurd erscheinen, dass die Noch-Ehefrau des Lottogewinners die Hand aufhält, obwohl die beiden seit neun Jahren getrennt sind. Dass die Karlsruher Bundesrichter ihrer Klage trotzdem stattgeben mussten, liegt an der Systematik des Zugwinnausgleichs.

Als Zugewinnausgleich bezeichnet man den vermögensrechtlichen Ausgleich, wenn Eheleute sich scheiden lassen. Entgegen der landläufigen Meinung gibt es im Güterstand der Zugewinngemeinschaft nämlich kein gemeinsames Vermögen, da jeder sein eigenes behält. Kommt es zur Trennung, wird das Vermögen jedes Ehegatten zu Beginn und am Ende der Ehe ermittelt. Während die standesamtliche Eheschließung den ersten Stichtag darstellt, ist beim zweiten der Tag maßgeblich, an dem der Scheidungsantrag an den Gegner zugestellt wurde. Der Unterschiedsbetrag zwischen den beiden Stichtagen wird als Zugewinn bezeichnet. Wer in der Ehezeit mehr Zugewinn erwirtschaftet hat, muss dem anderen die Hälfte davon abgeben.

Diese Stichtagsregelung wurde dem Lottogewinner letztlich zum Verhängnis – es ist schlichtweg als Pech zu bezeichnen, dass er das Geld kurz vor dem Scheidungsantrag gewann, wodurch dieses in die Verteilungsmasse beim Zugewinnausgleich fiel. Warum er sich erst nach neun Jahren Trennungszeit scheiden lassen wollte, sei im Übrigen dahingestellt. Ebenso hatten die Richter nicht zu entscheiden, ob es verwerflich von der Frau ist, nach so langer Zeit auch noch am Glück des Ex teilhaben zu wollen. Beim Zugewinnausgleich kommt es nämlich ausschließlich auf das Vermögen zu den beiden Stichtagen an. Was in der Zwischenzeit geschah und woher das Geld überhaupt stammt, ist vollkommen unerheblich.

Zu guter Letzt versuchte es der Mann mit dem Einwand der groben Unbilligkeit – es sei also unverschämt von der getrenntlebenden Ehefrau, nach neun Jahren Trennung auch noch Geld zu fordern. Das sah der Bundesgerichtshof allerdings nicht so und sprach ihr den Anspruch zu – zumal das Paar 29 Jahre lang verheiratet war und auch 3 gemeinsame Kinder hat.

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